14 Oktober, 2014

Citizenfour


Vor zwei Wochen hatte ich Gelegenheit, Laura Poitras' neuen Film CITIZENFOUR zu sehen (in einer noch nicht ganz endgültigen Version), der von Edward Snowden und seiner Entscheidung handelt, die umfassende elektronische Überwachung durch NSA und andere Dienste öffentlich zu machen. An dem Screening nahm auch George Packer teil, ein Journalist des New Yorker. Sein sehr gut informierter Text ist seit ein paar Tagen online und mit ihm einige meiner an dem Abend geäusserten, spontanen Reaktionen.

Das Erstaunliche an dem Film war für mich seine Nähe zur Gegenwart. Die in CITIZENFOUR beschriebenen Vorgänge sind medial so präsent, dass die Bilder auf mich manchmal wie doppelt belichtet, von ihrem Medienecho überschrieben wirkten. Solche Dopplereffekte werden auch im Film selbst thematisiert. Wenn Edward Snowden in Hong Kong in diversen Fernsehkanälen nur seine eigene Geschichte, sein eigenes Gesicht zu sehen bekommt, wirkt sein Hotelzimmer wie ein Spiegelkabinett, aus dem es kein Entkommen gibt. 

CITIZENFOUR ist das faszinierende Dokument einer „unmöglichen” Situation für einen Filmemacher: unsichtbar im Zentrum der Weltgeschichte zu stehen. Poitras konzentriert sich ganz auf Snowden, dessen beinahe unheimliche Sachlichkeit auch die Tonart des Films bestimmt. Von ihrer Person sieht sie weitgehend ab – wie ihr Protagonist versucht sie, hinter ihrer Mission zu verschwinden. Mir nötigt das großen Respekt ab, zumal ich beider Motive für aufrichtig halte. Gleichzeitig macht das den Film wie körperlos. Ich weiss nicht, ob das ein Verdienst oder ein Defizit ist. Mit wachsender Distanz, so viel ist sicher, wird sich der Film verändern, erkennbarer werden. Ich bin gespannt auf ein Wiedersehen.


Der Film kommt am 6.11.2014 in Deutschland ins Kino.

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