29 Juni, 2011

DREILEBEN in der ARD



Eberhard Kirchberg in EINE MINUTE DUNKEL. Für die Rolle des Marcus Kreil hat er den Schauspielpreis in Ludwigshafen gewonnen.


Die ARD wird unser DREILEBEN-Triptychon am 29. August 2011 in der bekannten Reihenfolge ausstrahlen: ETWAS BESSERES ALS DEN TOD (Christian Petzold, 20.15 h), KOMM MIR NICHT NACH (Dominik Graf, 21.45 h), EINE MINUTE DUNKEL (Christoph Hochhäusler, 23.30 h).

Die drei Filme werden dann auf Einsfestival in den Folgetagen online zu sehen sein (Petzold: 31.08., 20.15 h; Graf: 1.09., 20.15 h; Hochhäusler: 2.09., 20.15 h).

20 Juni, 2011

Concorso Cineasti del presente

Seit heute ist es offiziell: ich werde im August der Jury „Concorso Cineasti del presente” (New Directors Competition) in Locarno vorstehen. Meine Mitjuroren sind Michelangelo Frammartino (Italienischer Regisseur, LE QUATTRO VOLTE), Raya Martin (Philippinischer Regisseur, INDEPENDENCIA), Zhu Rikun (Chinesischer Produzent, KARAMAY) und Athina Tsangari (Griechische Regisseurin und Produzentin, ATTENBERG). Ich bin sehr gespannt.

Hier die offizielle Meldung.

18 Juni, 2011

Augmented Cinema



THE TREE OF LIFE hat sich gestern als eine überraschend harte Geduldsprobe herausgestellt. Mein Bedarf an Sternenfunkel und Engelschören war schon nach zehn Minuten gestillt und ich konnte mich nur mit Mitteln eines eingebildeten „Augmented Cinema” über den langen Rest des Kinoabends retten. A.C. hiess in diesem Fall, mir vorzustellen, an einer Art Festival kommentierender Untertitel teilzunehmen - ein Festival, das sich vermutlich wirklich einmal zu veranstalten lohnte - und die Parade der sich bauschenden Vorhänge und der Batik-Arbeiten des Schöpfers mit informativen oder dialektisch quer schlagenden Kommentaren anzureichern. Natürlich gelingt Malick das eine oder andere Kabinettsstückchen sensueller Überwältigung, seine Kinderdarsteller sind toll, aber seine Neigung zum Kitsch, auch und gerade in der Tonspur (eine Art Erhabenheits-Best-of symphonischer Musik des 19. Jahrhunderts), die design-museale Ausstattung, die so gar nicht zur behaupteten sozialen Situation passen will, die engelsgleiche MUTTER (die auch einmal fliegen darf), das monoton heilige Flüstern und Raunen und natürlich die offen lächerlichen Bilder vom Himmel auf Erden (das Ende auf dem Salzsee) lassen den Film bald - und noch nicht einmal grandios - scheitern...

06 Juni, 2011

Enno Patalas:

„Die 'realistischen' Kriegsfilme huldigen dem Krieg, indem sie vorgeben, objektiv ihn abzubilden. Sie tun, als sei die Einstellung einer explodierenden Granate vergleichbar einer explodierenden Granate. Weniger, daß sie die explodierende Granate zeigen, ist ihnen zum Vorwurf zu machen, als vielmehr, daß sie nicht zeigen, daß sie nur zeigen, wie die Granate explodiert. Je kompletter der Eindruck von Wirklichkeitstreue, desto kompletter die Irreführung. Die Filmbilder vom Kriege wachsen zusammen zu einem raumzeitlichen Kontinuum, als welches der Krieg in der Realität genau nicht erfahrbar ist. Die vielgerühmten 'realistischen' Antikriegsfilme sind wirksam nur in Einzelheiten. Schlecht sind sie in dem Maße, in dem aus Einzelheiten ein künstlerisch geformtes, ästhetisch zu erlebendes Ganzes wird, das für die Wirklichkeit sich ausgibt. Die Perspektive der vorgeblich realistischen Kriegsfilme ist der von Wehrmachtsberichten verwandt, in denen Kriegsschauplätze kontinentalen Ausmaßes souverän überquert werden und von zügigen Bewegungen die Rede ist. Der Zuschauer, der das abgebildete Kriegsgeschehen ohne Gefahr für die eigene Person betrachtet, wird zum Voyeur des Massakers. Eher würde ihn das Reißen des Filmstreifens aufstören als das Krepieren eines Mannes auf der Leinwand.”

Aus der Kritik „Godards Film vom Krieg. Les Carabiniers.” erschienen in der Filmkritik, 5/1965.



Edit: 
Ich hatte dieses Zitat 2011 (vermutlich gefühlsmäßig) Frieda Grafe zugeschrieben; in dem Sammelband „Im Off”, aus dem ich zitiert habe, verzichten Frieda Grafe und Enno Patalas auf die Kennzeichnung ihrer Texte. Volker Pantenburg hat mich dankenswerter Weise darauf aufmerksam gemacht, dass die Besprechung in der Filmkritik 5/65 aber unter Enno Patalas Namen erschienen war.

hedged risk

Gestern am Strandband Wannsee: Aus der Loge unseres Strandkorbs heraus das ergötzliche Schauspiel der Jugend. Dabei ist mir aufgefallen, dass die (weiblichen) Körper, die in etwa den Idealen der Werbung entsprechen, minderjährigen Mädchen gehören. Die Werbung hegt also unser Begehren, justiert unser Schönheitsempfinden - in Richtung Missbrauch? Kein Wunder, dass die Deutschen trotz sinkender Opferzahlen fest an eine Zunahme des Problems glauben: Sie haben es vor Augen.

digital frontier

Rechenleistung zieht Leute an, die man - mit viel Liebe - Cowboys der digital frontier nennen könnte: Nerds, Freaks, schlaflose Digitalisten, die es begeistert, „in the know” zu sein. Und so ist der Besuch in Post(produktions)häusern oft ein Fenster in die Zukunft für mich gewesen. Ich erinnere meine moralische Empörung, als zwei Techniker, die unseren Schnittplatz betreuten, in der Anfangszeit von Ebay ihr Wohnmobil versteigerten, das sie zuvor per Fotoshop „aufgeputzt” hatten. Statt wirklich Lappen und Putzeimer (und Rostschutz) in die Hand zu nehmen, hatten sie nur virtuell für Ordnung gesorgt. Heute ist ein solcher Schwindel beinahe Mainstream, Kameras haben Smile-Automatik und während mein „Desktop” auf dem Computer peinlich sauber ist, stapeln sich auf dem realen Schreibtisch die Papiere.