10 April, 2009

post mortem

Ich bin gerade dabei, meinen neuen Spielfilm zu besetzen und sehe in diesem Zusammenhang viele Bänder, Zusammenschnitte von Auftritten einzelner Schauspieler.

Das Bild, das dabei im Nebenbei von Deutschland entsteht, wird von der Frage nach dem Alibi dominiert. „Wo waren Sie am ...” fragen die Kommissarinnen und Kommissare in allen erdenklichen Betonungen.

Das Trauma der schon besiegelten Schuld zieht sich durch beinahe alle Fernsehkrimis, der Modus ist immer post mortem, man kann das Verbrechen nur mehr ermitteln, vielleicht verstehen, aber nicht mehr abwenden.

Ein Toter beginnt den Film und viele leblose Figuren später wird der Täter aufgeräumt, während die Ermittler unberührt bleiben, womöglich beschützt von der Gnade der späten Geburt.

Das Genre braucht die Resonanz im kollektiven Unbewussten, um in der Wiederholung wirksam zu werden, insofern ist der deutsche Fernsehkrimi Nutzniesser der Leichen im Keller unserer Geschichte.

Aber angesichts all der Kommissare und ihrem Gewissensterror sehne ich mich nach Filmen, die sich auf die Seite der Verbrecher schlagen, nach Filmen, in denen die Bösen davon kommen - ohne aufzuhören böse zu sein natürlich.

Wäre das nicht auch die ehrlichere Erzählung über unsere Geschichte?

03 April, 2009

Erhellend:

Georg Seeßlens Zeit-Artikel über den fernseh-industriellen „Filmkomplex” und sein Schaufenster, den Deutschen Filmpreis.

01 April, 2009

Hinweis:


Ein sehenswertes Video-Interview mit dem thailändischen Regisseur Apichatpong Weerasethakul sowie eine kleine Textsammlung zu seinen Filmen von Ekkehard Knörer u.a. bei CARGO - anlässlich der Weerasethakul-Retrospektive im Arsenal, Berlin.

Weerasethkuls zweiter Spielfilm, BLISSFULLY YOURS (Thailand, 2002) ist in der Revolver Edition auf DVD erschienen.

TROPICAL MALADY (Thailand, 2004), mein persönlicher Favorit, bei Salzgeber .

Summa summarum

Plötzlich kam mir der Gedanke, dass alle in der Nazizeit spielenden Filme zusammengenommen womöglich länger dauerten als die 12 Jahre, die Hitlers Regime an der Macht war.

Rein summarisch fiele die Bilanz dieser Filme wohl ziemlich hoffnungsfroh aus: Helden, Retter und Widerständler aller Orten.

Als sei es ein systemimmanenter Zwang, falsche Vorstellungen zu produzieren.

Das Kino will vom Überleben erzählen, zu jedem Preis.